1.2 Vollständige Wiedergabe der Sätze mit ihren Grenzen

Die im AT überlieferte Gliederung nach Büchern, Kapiteln und Versen erleichtert das Finden sprachlicher Einheiten und deren Zitieren und bietet Vorteile gegenüber der Gliederung nach Seiten und Zeilen. Beide geben aber zu wenig die wortübergreifenden syntaktischen Einheiten wieder. Hier wird versucht, alle Satzgrenzen zu erkennen und zu bezeichnen. Ihre Bestimmung ist zunächst geleitet von einem ungefähren Inhaltswissen (vor-wissenschaftliche Einheit „Satz“); in sie geht sodann eine Anzahl von grammatischen Beobachtungen besonders zum Satzanfang ein: zu Wortklassen am Satzanfang (Konjunktion, Satz-, Text-Deiktikon), zur Stellung des Verbs (besonders an erster und zweiter Position im Satz). Sie enthält auch syntaktische Urteile über Satzglieder (Prädikat, Subjekt, Objekt) und über Strukturen des Satzes, vor allem: Ein Satz hat nur ein Prädikat. Damit ist die syntaktische Einheit ‚Satz‘ auch eine wissenschaftliche Größe, aber noch kein Terminus mit erschöpfend angegebenen Merkmalen. Es liegt demnach der Bestimmung der Satzgrenzen ein Modell vom Satz zugrunde. Dieses führt zu einer großen Zahl von Belegen, die akzeptiert werden können. Es bleibt eine große Zahl von Belegen, die vielleicht nicht so eindeutig akzeptiert werden. Ihre Diskussion könnte helfen, weitere Merkmale zu sammeln und zu präzisieren, die das Wort ‚Satz‘ zu einem Begriff der Satz-Syntax erheben.

Das Urteil „Der Satz hat nur ein Prädikat“ hat Folgerungen: Vertritt ein Satz ein Syntagma (z. B. Subjekt-, Objekt-Satz, genauer: jeder Syntagma-Satz), so ist er als Satz abgegrenzt. Das gilt eingeschränkt auch für den Satz, der ein Wort vertritt und sich auf ein Wort bezieht (Relativsatz mit Relativ-Pronomen, ohne Relativ-Pronomen nach status constructus, aber auch nach status absolutus); bei ihm wird eine stärkere Einbindung in den Matrixsatz berücksichtigt: Er steht isoliert auf einer Zeile, trägt aber, da der Wortgruppe zugehörig, das Zeichen des Matrixsatzes, durch „R“ erweitert. Der asyndetische Relativsatz nach status absolutus wird mit dem syndetischen gleichbehandelt wegen der Belege, deren Leitwort im status constructus steht. Weniger satzhafte Einheiten (Interjektionen, Vokativ) sind auch markiert. Das zitierte Urteil klärt aber nicht die Reihen von gleichwertigen prädikativen Ausdrücken mit einem gemeinsamen Subjekt, das vor, nach oder in der prädikativen Wortreihe steht. Sie werden als eine Anzahl von Prädikaten (und Sätzen) mit Nullstellen (Tilgungen) gewertet. Erst auf der nächsthöheren Ebene der Satzformen sind derartige Satzreihen zu beschreiben als Reihe mit Subjektstilgung, erweiterter Satz und Satzbund. Als Satz wird auch eine Einheit abgegrenzt, in der sich zwei (nicht nur ein) abhängige Syntagmen wiederholen (etwa direktes und indirektes Objekt); für diesen Satz wird ein getilgtes Prädikat angenommen. Von den möglichen Satzkonstruktionen ist nur der Pendenssatz vollständig verzeichnet1In Anlehnung an W. GROSS, Die Pendenskonstruktion im Biblischen Hebräisch. Studien zum althebräischen Satz I: ATS 27 (1987)..

Noch nicht markiert sind die satzübergreifenden syntaktischen Einheiten und die textbezogenen Merkmale. In allen Bereichen spiegelt die morphologische Transkription den Stand der Forschung.

Die Darstellung, wie sich Sätze im Hebr. realisieren, ist für den Semitisten und Linguisten für Sprachvergleich, Sprachgeschichte und Sprachtypologie ähnlich wichtig wie die Morphologie. Monographien hierzu sind rar.

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Fußnoten

Fußnoten
1 In Anlehnung an W. GROSS, Die Pendenskonstruktion im Biblischen Hebräisch. Studien zum althebräischen Satz I: ATS 27 (1987).